Trägt neues Quartier zur Aufwertung der Innenstadt bei?

Dieser Leserbrief erreichte die „Schwäbische Zeitung“ zum Artikel „Architektensalon“ und der Sonderveröffentlichung zur Bäckerei Bopp, die in Laichingen eröffnen wird:

Auch ich gratuliere der Bäckereifamilie Mangold zum Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand und werde wie viele andere in Laichingen die Produkte dieser Traditionsbäckerei vermissen.

Irritiert zeige ich mich allerdings angesichts des Eindruckes, der in der Sonderveröffentlichung „Bäckerei Bopp eröffnet“ erweckt wird. Nach aufmerksamer Lektüre muss man an- nehmen, dass hier eine Traditionsbäckerei weitergeführt wird: „Qualität aus der Region“ – Direkt aus der Backstube hinter der Bäckerei?

Dem ist nicht so, denn bereits im SZ-Artikel vom 8. Juli wurde deutlich, dass die Backprodukte aus Türkheim angeliefert werden. Damit haben wir in Laichingen die dritte Filial- und auch Aufbackbäckerei. Auch der Ein- druck, dass die neue Bäckerei in diesen Räumlichkeiten Bestand haben wird, täuscht, denn der nicht erwähnte bal- dige Abriss dieser Gebäude wird nicht lange auf sich warten lassen. Im oben genannten Artikel wird die Fertigstel-

lung des Neubaus auf diesem Gelände – das nächste Quartier in Laichingen? – nämlich mit Ende 2022 benannt. Die Bauherrin Volksbank möchte hier eine „Wohlfühleinheit“ für Laichingen er- stellen lassen und mit ihrer aktuellen Architekturausstellung gerade auch in Laichingen zeigen, „was es an Archi- tektur gibt und wie mit dieser Neu und Alt auch harmonieren können“.

Ich als Vertreter des neugegründe- ten Bürgervereins Innenstadtentwick- lung Laichingen und der Bürgerinitia- tive Innenstadtkonzept Laichingen halte diese Intention grundsätzlich für positiv, habe allerdings Kritikpunkte an der angedachten Realisierung: Ab- riss soll natürlich dort erfolgen, wo ein Erhalt inklusive Restaurieren keine Aufwertung für die Innenstadt bringt oder sich dafür kein Investor findet. Im Sinne der von der Bauherrin ange- dachten Schaffung einer „Wohlfühlat- mosphäre“ in der Laichinger Innen- stadt könnte ich mir eher ein anderes Projekt vorstellen als ein Areal, das mit einem Neubau mit womöglich vier Vollgeschossen und Flachdach bis an den Gehweg überbaut wird. Dies lädt nicht zum Wohlfühlen und Verweilen ein, sondern dient der Gewinnmaxi- mierung, was für die Bank natürlich ein völlig hehres Ziel darstellt. Mit

dem geplanten kleinen Außenbereich des Bäckereicafés wird dieser „impo- sante“ Komplex nicht zum „Dreh-und Angelpunkt Laichingens“. Stattdessen einen Regionalmarkt mit handwerklich arbeitendem Bäckerei-und Metzgerei-Betrieb schaffen, der eine Außengastronomie und öffentlichen Grünbereich umfasst? Denn ob das neue Quartier zusammen mit dem Ad- lerquartier wirklich zur Aufwertung der Laichinger Innenstadt beiträgt, wird die Öffentlichkeit leider erst ent- scheiden können, wenn die Quartiere erstellt sind, und man dann die wahren Dimensionen erfasst. Der virtuelle Eindruck der Architektenentwürfe kann täuschen – auch den Gemeinde- rat und Bauausschuss! Das sollte man als Entscheidungsträger im Vorfeld berücksichtigen und sich bei der Ent- scheidung zum Beispiel durch einen externen Gestaltungsbeirat mit dessen Expertise unterstützen lassen. Leider trugen alle Fraktionen des Gemeinde- rates außer der IGEL-Fraktion den 78 Prozent Befürwortern in der Bürger- versammlung vom Herbst 2019, die ein solches Instrument zur Stadtentwick- lung wünschten, nicht Rechnung.

Wie wird dann mit den Ergebnissen der aktuellen Online-Beteiligung um- gegangen werden? Dieses Online-Beteiligungsverfahren ist weder der von Bürgermeister Kaufmann zitierte „Masterplan“ für die Zukunft Laichingens noch ein Stadtentwicklungskonzept. Ein solches Konzept, ein echter Masterplan, kann erst durch die entsprechende Verarbeitung der Ergebnisse durch Experten erfolgen. Was wäre eigentlich, wenn herauskäme, dass solche Quartiere und überdimensionierte Bebauungen wie aktuell wie- der in der Schallengasse nicht gewünscht sind?

Wolfgang Neugebauer, Laichingen

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