„Bevor es für die Stadtentwicklung zu spät ist…“

"Bevor es für die Stadtentwicklung zu spät ist..."

Im Diskurs: In Laichingen hat sich ein Bürgerverein gegründet - Das sind Positionen, Wünsche und Ziele

LAICHINGEN - Wie und wohin soll sich die Stadt Laichingen entwickeln? Bei diesem Diskurs gibt es unterschiedliche Meinungen. Vergangenes Jahr hat sich die Initiative Innenstadtkonzept gegründet, um auf ihre Position aufmerksam zu machen. Aus dieser ist nun der Bürgerverein Innenstadtentwicklung Laichingen (BIL) entstanden. Den Vorsitz bilden Karin Schur-Neugebauer und Adelheid Merkle-Stumpp. Im Gespräch mit SZ Redaktionsleiterin Maike Scholz erklären sie Ziele und Absichten.

Im Mai vergangenen Jahres haben Sie, Karin Schur-Neugebauer, gemeinsam mit Adelheid MerkleStumpp, die Initiative Innenstadtkonzept gegründet. Was hat Sie damals dazu bewegt?
Vor über zehn Jahren hat man in Laichingen angefangen, in der Innenstadt große Mehrfamilienhäuser, oft mit Flachdach, neben deutlich kleinere bestehende Gebäude zu setzen. Von Anfang an haben sich die benachbarten Anwohner dagegen gewehrt; mit Einsprüchen und Leserbriefen. Das alles verhallte ergebnislos. So wurde es nötig, sich in einer Gemeinschaft für die fehlende Gesamtplanung und gegen das fehlende Einfühlungsverm.gen gegenüber der Nachbarschaft und des Stadtbildes einzusetzen. Auslöser im Mai 2019 war ein Bauantrag, in der schmalen Schulstraße gegenüber des schon bestehenden Mehrfamilienhauses ein weiteres quaderförmiges Mehrfamilienhaus mit Flachdach bis nahe an den schon schmalen Gehweg zu errichten. Wir appellierten damals in unserem ersten offenen Brief an den Gemeinderat, sofort mit einer Veränderungssperre für dieses Areal, besser noch für die gesamte Innenstadt zu reagieren und schnell einen Bebauungsplan - besser noch eine Stadtbildsatzung - zu erstellen, um nicht mehr weiter nach dem sehr dehnbaren Paragrafen 34 BGB entscheiden zu müssen, was bedeutet, lediglich eine Entscheidung treffen zu können, ob sich das Gebäude einfügt oder nicht.

Welches Ziel verfolgen Sie mit der Initiative, nun mit dem neugegründeten Bürgerverein?
Die Bürgerinitiative mit den Unterschriftenlisten und der Online-Petition war zu dem Zeitpunkt wichtig, um unserem Anliegen schnell Gehör zu verschaffen, bevor es aus unserer Sicht für die Stadtentwicklung Laichingens zu spät ist, und die Stadt geprägt ist von konzeptionslosem Bauen: Ein einmal genehmigtes fünfgeschossiges Gebäude wie das Adlerquartier zieht durch den dann zur Geltung kommenden Paragrafen 34 weitere nach sich. Der mobile Gestaltungsbeirat, der auf das Engagement der Initiative hin noch kurz vor der Bauausschuss- Entscheidung bezüglich der Schulstraße hinzugezogen wurde, empfahl dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung dringend, Bebauungspläne zu erstellen und den Prozess, den die Initiative anstieß, ernst zu nehmen. Mit den knapp 700 Unterstützern der Initiative planten wir eigentlich, ein Bürgerbegehren einzureichen. Allerdings hielt uns das Prozedere des Bürgerbegehrens zum Thema Photovoltaik mit den Kosten für die Stadt ab. Dieses Geld wollten wir stattdessen in einen ständigen Gestaltungsbeirat investiert sehen, was leider mit Ausnahme der IGEL-Fraktion im Gemeinderat abgelehnt wurde. Mit der Vereinsgründung haben wir uns breiter aufgestellt und mehr vernetzt - hinsichtlich der Verantwortlichkeiten, der Entscheidungsfindung, der Vertretung nach außen, haben eine gewisse finanzielle Ausstattung für die Öffentlichkeitsarbeit gewonnen und können auch Mitteilungen im Amtsblatt veröffentlichen.

Und das Ziel? Ist es gleich geblieben?
Der Bürgerverein verfolgt weiterhin die gleichen Ziele wie die Initiative: Modernes Bauen im Einklang mit historisch erhaltenswerten Gebäuden, was zum Beispiel die Dachform und Giebel betrifft, auch nachbarschaftsverträgliche und behutsame Nachverdichtung zum Beispiel in Bezug auf die Geschosse und Firsthöhe. Im Übrigen ist die Zauberlösung Nachverdichtung heute keine mehr, denn jede Stadt und jedes Quartier braucht laut Städtebauexperten eine eigene Strategie. Das Schaffen von Freiräumen und Grünzonen zur Begegnung ist wichtig in einer Innenstadt, die durchaus dicht aber nicht beengt bebaut sein soll unter Beibehaltung von Plätzen und Gassen. Auch sollte der Denkmalschutz für weitere historische Gebäude/ Gebäudekomplexe wie die Maierhöfe, das Maier-Gästehaus, die Zehntscheuer und den Alenberg forciert werden. Für sinnvoll halten wir auch die Ausübung des städtischen Vorkaufsrechts in der Innenstadt, um beispielsweise Plätze zu schaffen und zu gestalten. Aber auch Eigentümern von erhaltenswerten alten Gebäuden die Renovierung schmackhaft zu machen durch entsprechende Fördertöpfe und dadurch eine Revitalisierung und Aufwertung von Stadtteilen zu erreichen.

Wie viele Mitglieder hat der Bürgerverein?
Etwa 30. Genau wissen wir es noch nicht, da noch nicht alle angekündigten Beitrittsformulare zurück sind.

Wie geht es mit diesem nun weiter?
Wir treffen uns monatlich zur Mitgliederversammlung, nach Bedarf im Vorstand und in größeren Abständen gibt es eine Plenumsversammlung zusammen mit den Unterstützern der Bürgerinitiative. Zur Bereicherung unserer Arbeit suchen wir noch Beisitzer, die zum Beispiel aus der Baubranche, aus der Kommunalverwaltung, aus dem Rechtsbereich kommen, aus der Wirtschaft und Politik oder auch Personen, die sich in anderen Belangen für Laichingen einsetzen. Wir planen, nach Corona auch öffentliche Veranstaltungen mit Experten zur Stadtentwicklung zu veranstalten.

Sie nennen sich Bürgerverein Innenstadtentwicklung Laichingen. Wie definieren Sie „Innenstadt", sprich: Für welchen Bereich haben Sie als Bürgerverein ein Auge mit Blick auf lhre Ziele?
Innenstadt bedeutet für uns auf Laichingen und die Ortsteile bezogen immer der Stadt- oder Ortsbereich ohne Neubaugebiete wie Lindensteig und Henzenbuch, aber inklusive Stra.enzüge wie beispielsweise die Hindenburgstraße, Karlstraße und alte Wohnsiedlungen wie ,,Im Grübler" und der Bleichberg.

Wie und wo sollte sich Laichingena us Sicht des Bürgervereinsw eiter entwickeln?
Grundsätzlich muss auf kommunaler Ebene geklärt werden, ob sich Laichingen unbegrenzt, entsprechend der Nachfrage im Zuzug, oder bis zu einer gewissen Einwohnerzahl entwickeln soll. Damit verbunden ist dann die Ausweitung bestehender Baugebiete. Diese Entscheidung sollte mit Bürgerbeteiligung und externer Unterstützung erfolgen. Wichtig ist natürlich auch, die Lücken zu schließen. Innerstädtisch bedeutet dies, auch Wohnraum zu schaffen, der beispielsweise für junge Familien in der Miete oder im Erwerb erschwinglich ist, um eine demographische Durchmischung zu erreichen. Hier könnte die Kommune durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts und im Zuge einer Stadtbildsatzung steuernd eingreifen, damit nicht nur Gewinn-maximierend gebaut wird, was dann eine Gewinnmaximierung bei Verkauf und Mieten zur Folge hat. Eine bestehende Stadtbildsatzung würde dann auch klare Vorgaben bezüglich der Bauweise machen, Dachform, Geschosse, Grenzabstände, aber auch die Gestaltung mit Grünzonen, Beibehaltung und Aufwertung der typischen Laichinger Winkel und kleinen Gassen. Für die Neubaugebiete wird zur Zeiteine große Vielfaltsmöglichkeit favorisiert, die natürlich immer auch Probleme in der Nachbarschaftsverträglichkeit und in der harmonischen Außenwirkung zur Folge hat. Auch hier wünschen wir uns mehr Diskussion auf kommunaler Ebene mit Bürger- und externer Expertenbeteiligung. Es fällt auch auf, dass im Industriegebiet viel Grund für einstöckige Gebäude verbraucht wird. Viel mehr als man den Menschen zugesteht. Auch hier in die Höhe zu gehen, wäre eine Herausforderung. Oder auf Discountern noch Wohngeschosse zu setzen. Dies sind Ideen, die in anderen Städten schon angedacht werden. Die Bebauung von Lücken in alten Baugebieten sollte unter der Prämisse von echter Nachbarschaftsverträglichkeit verfolgt werden. Durch die vielen alten, nicht erhaltenswürdigen Gebäude hat Laichingen die großartige Chance, ganze Quartiere neu zu planen, uralte und unseren jetzigen Bedürfnissen in keiner Weise genügenden Baulinien aufzubrechen und eine verdichtete, aber auch gleichzeitig freundliche und lebenswerte Bebauung zu realisieren. Gärten und Parks zur Erholung, als Lebensraum für Vögel, Kleintiere und Insekten gehören ebenso zu einer lebenswerten Innenstadt und gehören, wie die Corona-Pandemie deutlich zeigt, zu den Grundbedürfnissen der Menschen.

Vorgeschlagen, und dann vom Gemeinderat abgelehnt, war ein Gestaltungsbeirat. Worin sieht der Verein Vor-und Nachteile in diesem? 
Nachteile sehen wir überhaupt nicht und die Vorteile liegen auf der Hand: Im Gestaltungsbeirat, um den es sich bei unserem Vorschlag handelt, werden in einem möglichst frühen Planungsstadium folgende Vorhaben behandelt: Einzelbauvorhaben, die wegen ihrer Standorte, ihres Umfeldes, ihrer Nutzung oder ihrer Größe oder wegen sonstiger Belange von herausragender stadtgestalterischer Bedeutung sind Städtebauliche Planungsprojekte von hoher Relevanz für die Stadtgestaltung Besonders zu gestaltende Situationen, Stadträume und Grünanlagen sowie wichtige Wegebeziehungen, wie Einkaufszonen und größere Verkehrsberuhigungsmaßnahmen Verkehrsbauten von großer Bedeutung, wie zum Beispiel Brücken Sonstige stadtgestalterisch relevante Maßnahmen

Die Stadt möchte mit Blick auf die Stadtentwicklung die Bürger beteiligen. Corona hat manches dazu erschwert. Die Stadt versucht dennoch, diese Beteiligung zu erreichen und zwar online sowie teilweise auch schriftlich. Aus Ihrer Sicht eine gute Möglichkeit?
Eine Fragebogenaktion mit mehr Themenbereichen und vor allem mehr Antwortmöglichkeiten bringt deutlich repräsentativere Ergebnisse. Solch ein Fragebogen kann schriftlich oder digital ausgefüllt werden. Ein sehr gutes Beispiel hat hier beispielsweise die Stadt Weilheim/Teck 2020 im Zuge der Bürgerbefragung zum Stadtentwicklungskonzept vorgelegt. Damit hätte man auch schon die notwendige Befragung der Eigentümer im potentiellen Gebiet für das Landessanierungsprogramm erledigt gehabt.

Sie bemängeln, dass Ihnen seitens der Verwaltung und der politischen Gremien die Transparenz fehlt. Was meinen Sie damit und welchen Vorschlag haben Sie, um aus Ihrer Sicht mehr Transparenz zu schaffen?
Die Bauausschuss-Mitglieder sollten rechtzeitig im Vorfeld ihrer Entscheidung Pläne der Bauvorhaben erhalten und vor allem auch über Nachbarschaftseinwände informiert werden, damit sie sich direkt mit dem Umfeld des Bauvorhabens beschäftigen können.

Abschließend: Was wünscht sich der Verein mit Blick auf Wohnen, Leben und Bauen für die Stadt?
Vieles haben wir bereits gesagt, aber abschließend noch etwas zum kulturellen Leben in Laichingen: Zu den oben genannten Planungen für eine liebenswerte und unverwechselbare Stadt wünschen wir uns, so wie viele andere Bürger auch, Orte für Kulturmöglichkeiten, zum Beispiel eine Kulturhalle, die schon seit 30 Jahren auf der Wunschliste der Bürger steht. Für Tanz- und Theaterveranstaltungen, schulische und kommunale Veranstaltungen. Für kleinere kulturelle Begegnungen wäre aus unserer Sicht auch das Maierhöfe-Zehntscheuer-Areal ein ganz besonderer Ort in Laichingen.

 

2021/2022: Land fördert Gestaltungsbeiräte

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbaufö rdert auch in den Jahren 2021 und 2022 den Einsatz von Gestaltungsbeiräten in baden-württembergischen Kommunen. Finanzielle Unterstützung zur Neueinrichtung eines Gestaltungsbeirats in Höhe von insgesamt 40 000 Euro erhalten die Städte Heilbronn und Langenau. Mit insgesamt 100 000 Euro wird laut Mitteilung die Verstetigung der Beiräte in Blaustein,F riedrichshafen, Heidelberg, Mühlacker und Öhringen gefördert. Zudem wird die begleitende Öffentlichkeitsarbeit zu den Gestaltungsbeirätenin Freiburg im Breisgau, Karlsruhe, Ludwigsburg und Pforzheim mit gut 40 000 Euro gefördert. „Die Pandemie schärft vielerorts das Bild, das wir von unserer gebauten Umwelt wahrnehmen, und verdeutlicht uns, wie wichtig gerade attraktive Wohnungen, Stadtquartiere und öffentliche Räume sind. Um bei Planungen und Bauvorhaben gemeinsam die besten städtebaulichen und architektonischen Lösungen für die aktuellen Fragestellungenv or Ort zu finden, unterstützen wir auch in den kommenden Jahren die Einrichtung kommunaler Gestaltungsbeiräte", sagte Wirtschafts-und Wohnungsbauministerin Dr. Nicole Hoffmeister- Kraut (CDU) . .,Die Beiräte unterstützen die zukunftsfähige Weiterentwicklung unserer Städte und Gemeinden. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag zu qualitätsvollen Wohn-und Arbeitsorten im Land und zur Schaffung von Wohnraum", betonte die Ministerin. In Baden-Württemberg wurden bereits 43 kommunale Gestaltungsbeiräte eingerichtet. 33 Städte und Gemeinden haben seit 2016 eine Förderung des Landes erhalten. Ein Gestaltungsbeirat ist ein unabhängig beratendes Sachverständigengremium mit Mitgliedern unterschiedlicher bau-und planungsverbundeneDr isziplinen. Die Expertinnen und Experten beraten vor Ort über städtebaulich und bau- oder lokalgeschichtlich bedeutende BauvorhabenS. ie tragen Sorge dafür, dass alle Aspekte und Interessen des Planens und Bauens berücksichtigt und im Sinne einer guten Baukultur untereinander abgestimmt werden. (msc)

 

Der Bauausschuss tagt

Die Mitglieder des Bauausschusses in Laichingen kommen zur nächsten öffentlichen Sitzung zusammen - am Mittwoch, 16. Dezember, ab 18.30 Uhr in der Kornberghallein Suppingen. Teilnehmer und Gäste dieser Sitzung müssen, so die Stadtverwaltung, die notwendigen Hygieneregeln - Einhaltung des Mindestabstandes, Tragen eines Mund-NasenSchutzes und die Handdesinfektion - beachten. (msc)

Die Wohlfühlstadt ist das Ziel

Die Wohlfühlstadt ist das Ziel

Bürgerengagement Der Laichinger Verein „Innenstadtentwicklung“ kritisiert in seiner Versammlung das Prozedere Ibei Baugesuchen – und den Bauausschuss des Gemeinderats. Von Sabine Graser-Kühnle.

In seiner Mitgliederversammlung übte der Laichinger Verein "Innenstadtentwicklung" harsche Kritik am Prozedere bei Baugesuchen und daran, dass Räte es sich, nach Einschätzung der Mitglieder, oft zu einfach machten.

Karin Schur-Neugebauer und Adelheid Merkle-Stumpp haben schon viele Bauausschusssitzungen verfolgt. Immer wieder sei ihnen aufgefallen: Die Räte erhalten im Vorfeld eine schriftliche Beratungsunterlage, jedoch keine Pläne, aus denen Dimensionen und räumliche Distanzen deutlich werden. Ebenso informiere die Verwaltung nicht über Einwendungen von Nachbarn.

Wie jüngst, als der Bauausschuss ein Zehnfamilienhaus in einem Plangebiet mehrheitlich befürwortete, das aus einer „reinen Einfamilienhaussiedlung“ bestehe. Für die Zustimmung zum Baugesuch waren vier Befreiungen nötig. Zwar habe der Verein in einem offenen Brief zuvor auf diese Situation aufmerksam gemacht, jedoch ohne den entsprechenden Erfolg.

Das Hauptproblem erkennt die Architektin jedoch darin, dass dieses Thema der nachbarschaftlichen Einwände in der Gemeindeordnung relativ schwammig ausgearbeitet sei. „Wir erwarten, dass sich die von den Bürgern gewählten Vertreter vor Ort informieren und im Zweifelsfall betroffene Nachbarn kontaktieren“, sagte Karin Schur-Neugebauer. Wolfgang Seeger stimmte den beiden Vorsitzenden des Vereins zu: „Da läuft einiges nicht so, wie es könnte.“

Immer noch betroffen zeigten die Mitglieder sich über die überwältigende Mehrheit, mit der der Gemeinderat bei den Haushaltsberatungen einen förderfähigen Gestaltungsbeirat abgelehnt hatte. „Mittlerweile lassen sich rund 50 Kommunen im Land in ihrer Innenstadtentwicklung von einem solchen Gremium beraten“, berichtete Karin Schur-Neugebauer und Anton Stumpp fragte sichtlich ratlos: „Wovor haben unsere Räte nur Angst?“ Ihre Entscheidungshoheit würden sie ja definitiv behalten.

Ziel des Vereins sowie der weiterhin aktiven Initiative Innenstadtentwicklung sei ein Laichingen, in dem Wohnen, Leben, Frei- zeit und Kultur zur Wohlfühlstadt verbunden werden. Unterstüt- zung erhofft man sich von den Laichinger Architekten Thomas und Matthias Ott. Die sind vor kurzem in den Bund Deutscher Architekten berufen worden.

Eine Auszeichnung, die mit einer städteplanerischen Verantwortung verknüpft ist, findet Karin Schur-Neugebauer. Sie wünsche sich, dass die Architekten Ott sich darüber bewusst wären und den Spagat zwischen Verpflichtung gegenüber den Bauherren und dem Stadtumfeld objektiv leisten könnten. Der Ver- ein will das Gespräch mit den Architekten suchen und hofft auf Impulse im Zusammenhang mit einem Gesamtkonzept für die Laichinger Innenstadt.

Was dieses anbelangt, verwies Schur-Neugebauer auf die zweite Phase der digitalen Beteiligung von Bürgern bei der Entwicklung eines solchen Konzepts. Über den Stadtentwicklungsmanager können derzeit Fragen gestellt werden. „Jetzt können wir ganz konkrete Beiträge beisteuern“, appellierte sie an die Mitglieder zum Mitmachen. Der große Wunsch des Vereins wäre es, dass der Bauausschuss keine „großen und markanten Bauten“ mehr genehmigt, bis das Konzept erarbeitet ist. Ansonsten kritisiere der Verein nicht nur, sondern liefere Lösungsansätze. „Darüber muss man diskutieren“, sagte Karin Schur-Neugebauer.

Passive Teilnehmer beim digitalen Treffen

Videokonferenz Nicht ganz reibungslos verlief diese digitale Videokonferenz des 30 Mitglieder zählenden Bürgervereins. Die Unsicherheit mit diesem für viele noch unbekannten Medium war deutlich spürbar. Karin Schur-Neugebauer und Adelheid Merkle-Stumpp sahen

sich einer sehr passiven Mitgliederschaft gegenüber, nur selten kamen verbale oder über den Livechat schriftliche Rückmeldungen. Was zur Folge hatte, dass die anstehenden Wahlen von Stellvertretern für die Vorsitzenden, Kassier und Beisitzern mangels Bereitschaft zu

kandidieren, nicht durchgeführt werden konnten. Der Punkt wurde auf Dezember vertagt. Der Verein stellte die neu gestaltete Webseite „Innenstadt-Laichingen“ vor. Dort sind unter anderem alle Tätigkeiten und angehen- de Maßnahmen ersichtlich.

Leserbrief: Trägt neues Quartier zur Aufwertung der Innenstadt bei?

Trägt neues Quartier zur Aufwertung der Innenstadt bei?

Dieser Leserbrief erreichte die „Schwäbische Zeitung“ zum Artikel „Architektensalon“ und der Sonderveröffentlichung zur Bäckerei Bopp, die in Laichingen eröffnen wird:

Auch ich gratuliere der Bäckereifamilie Mangold zum Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand und werde wie viele andere in Laichingen die Produkte dieser Traditionsbäckerei vermissen.

Irritiert zeige ich mich allerdings angesichts des Eindruckes, der in der Sonderveröffentlichung „Bäckerei Bopp eröffnet“ erweckt wird. Nach aufmerksamer Lektüre muss man an- nehmen, dass hier eine Traditionsbäckerei weitergeführt wird: „Qualität aus der Region“ – Direkt aus der Backstube hinter der Bäckerei?

Dem ist nicht so, denn bereits im SZ-Artikel vom 8. Juli wurde deutlich, dass die Backprodukte aus Türkheim angeliefert werden. Damit haben wir in Laichingen die dritte Filial- und auch Aufbackbäckerei. Auch der Ein- druck, dass die neue Bäckerei in diesen Räumlichkeiten Bestand haben wird, täuscht, denn der nicht erwähnte bal- dige Abriss dieser Gebäude wird nicht lange auf sich warten lassen. Im oben genannten Artikel wird die Fertigstel-

lung des Neubaus auf diesem Gelände – das nächste Quartier in Laichingen? – nämlich mit Ende 2022 benannt. Die Bauherrin Volksbank möchte hier eine „Wohlfühleinheit“ für Laichingen er- stellen lassen und mit ihrer aktuellen Architekturausstellung gerade auch in Laichingen zeigen, „was es an Archi- tektur gibt und wie mit dieser Neu und Alt auch harmonieren können“.

Ich als Vertreter des neugegründe- ten Bürgervereins Innenstadtentwick- lung Laichingen und der Bürgerinitia- tive Innenstadtkonzept Laichingen halte diese Intention grundsätzlich für positiv, habe allerdings Kritikpunkte an der angedachten Realisierung: Ab- riss soll natürlich dort erfolgen, wo ein Erhalt inklusive Restaurieren keine Aufwertung für die Innenstadt bringt oder sich dafür kein Investor findet. Im Sinne der von der Bauherrin ange- dachten Schaffung einer „Wohlfühlat- mosphäre“ in der Laichinger Innen- stadt könnte ich mir eher ein anderes Projekt vorstellen als ein Areal, das mit einem Neubau mit womöglich vier Vollgeschossen und Flachdach bis an den Gehweg überbaut wird. Dies lädt nicht zum Wohlfühlen und Verweilen ein, sondern dient der Gewinnmaxi- mierung, was für die Bank natürlich ein völlig hehres Ziel darstellt. Mit

dem geplanten kleinen Außenbereich des Bäckereicafés wird dieser „impo- sante“ Komplex nicht zum „Dreh-und Angelpunkt Laichingens“. Stattdessen einen Regionalmarkt mit handwerklich arbeitendem Bäckerei-und Metzgerei-Betrieb schaffen, der eine Außengastronomie und öffentlichen Grünbereich umfasst? Denn ob das neue Quartier zusammen mit dem Ad- lerquartier wirklich zur Aufwertung der Laichinger Innenstadt beiträgt, wird die Öffentlichkeit leider erst ent- scheiden können, wenn die Quartiere erstellt sind, und man dann die wahren Dimensionen erfasst. Der virtuelle Eindruck der Architektenentwürfe kann täuschen – auch den Gemeinde- rat und Bauausschuss! Das sollte man als Entscheidungsträger im Vorfeld berücksichtigen und sich bei der Ent- scheidung zum Beispiel durch einen externen Gestaltungsbeirat mit dessen Expertise unterstützen lassen. Leider trugen alle Fraktionen des Gemeinde- rates außer der IGEL-Fraktion den 78 Prozent Befürwortern in der Bürger- versammlung vom Herbst 2019, die ein solches Instrument zur Stadtentwick- lung wünschten, nicht Rechnung.

Wie wird dann mit den Ergebnissen der aktuellen Online-Beteiligung um- gegangen werden? Dieses Online-Beteiligungsverfahren ist weder der von Bürgermeister Kaufmann zitierte „Masterplan“ für die Zukunft Laichingens noch ein Stadtentwicklungskonzept. Ein solches Konzept, ein echter Masterplan, kann erst durch die entsprechende Verarbeitung der Ergebnisse durch Experten erfolgen. Was wäre eigentlich, wenn herauskäme, dass solche Quartiere und überdimensionierte Bebauungen wie aktuell wie- der in der Schallengasse nicht gewünscht sind?

Wolfgang Neugebauer, Laichingen

Tempus BauPartner reagiert auf offenen Brief

Tempus BauPartner reagiert auf offenen Brief

LAICHINGEN (msc) - Reiner Betz, Geschäftsleitung von Tempus Bau- Partner in Laichingen, meldet sich nach der Berichterstattung zum Bau- vorhaben am Hagsbucher Weg bei der „Schwäbischen Zeitung“. Mit Blick auf den offenen Brief des Bürgervereins Innenstadtentwicklung Laichingen, der an Bürgermeister Klaus Kaufmann (parteilos), die Gemeinderäte sowie die Mitglieder des hiesigen Bauausschusses gerichtet war, möchte er Stellung beziehen und aus seiner Sicht berichtigen: Der Abbruch in dieser Größenordnung sei verfahrensfrei. Der Bauzaun als Sicherheitsschutz ist laut Betz für den Abbruch erforderlich und zum Schutz vor Zutritt. Einen Elektroanschluss habe der Bestand schon gehabt und sei auch für den Abbruch benötigt worden. „Es ist keine Bau- stelle für den Neubau eingerichtet. Der Kran steht lediglich als Umschlagekran von Materialien für die benachbarte Baustelle“, merkt Betz an. Es seien im Gebiet bereits ähnliche Befreiungen erteilt worden. „Es gibt sogar tiefgreifendere Befreiungen wie zum Beispiel von der Geschossigkeit, was wir nicht in Anspruch genommen haben“, zeigt Reiner Betz auf. Er sehe die Neubebauung in Gegenüberstellung der bisherigen Bebauung und Nutzung als Aufwertung, von welcher Umgebung und Siedlung profitieren.

Hier soll neuer Wohnraum entstehen

Hier soll neuer Wohnraum entstehen

Bauausschuss diskutiert Vorhaben am Hagsbucher Weg – Das ist geplant

LAICHINGEN - Am Hagsbucher Weg in Laichingen soll ein Mehrfamilien- haus mit insgesamt zehn Wohnein- heiten und einer Tiefgarage entste- hen. Die Planungen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren hatten die Mitglieder des hiesigen Bauaus- schusses jüngst auf ihrem Tisch. Das Vorhaben rief nicht bei allen Gremi- umsmitgliedern Begeisterung her- vor – ebenso nicht beim Bürgerver- ein Innenstadtentwicklung Laichin- gen (BIL), der sich mit einem offenen Brief an Bürgermeister und Gemein- derat richtete.

● Das Vorhaben: Die städtische Sachgebietsleiterin Ellinor Hage- loch erläuterte den Mitgliedern des Bauausschusses die Planungen. Die Bauherrin beantragt den Abbruch der bestehenden baulichen Anlagen und dann die Errichtung eines 16,64 Meter mal 22,76 Meter großen Mehrfamilienhauses. Das Gebäude soll zwei Vollgeschosse und ein be- grüntes Flachdach erhalten. Die ma- ximale Gebäudehöhe liege bei 8,75 Metern. Es sind laut Hageloch elf Stellplätze in der Tiefgarage und fünf oberirdische Stellplätze ge- plant. Die Zufahrt zur Tiefgarage soll von Süden über die Suppinger Stra- ße erfolgen. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebau- ungsplans (B-Plan) „Grübler“ – mit der Festsetzung als Mischgebiet. Das Vorhaben überschreite die Bau- grenze im Maximum von 2,2 Metern. Es sollen vier Wohneinheiten im Erdgeschoss, vier Wohnungen im Obergeschoss und zwei Wohnein- heiten im zurückgesetzten Dachge- schoss entstehen.

Bürgermeister Klaus Kaufmann (parteilos) ergänzte, dass das beste- hende Gebäude bereits abgerissen wurde. Er verwies zudem auf das eingegangene Schreiben des Bürger- vereins Innenstadtentwicklung Lai- chingen (siehe Informationskasten).

Das Bauvorhaben benötigt Be- freiungen: Es soll ein Flachdach an- stelle eines Satteldaches entstehen. Die Grundflächenzahl (GRZ) wird um zehn Quadratmeter (drei Pro- zent) sowie die Geschossflächen- zahl (GFZ) um 158 Quadratmeter (24 Prozent) überschritten. Ergänzung von Hageloch:

Nach der aktuellen Baunutzungsverordnung liegt die letzte Überschreitung bei 20 Quadratmetern, also bei drei Prozent. Eine weitere Befreiung werde für die Überschreitung der nördlichen Baugrenze benötigt. Die- se Befreiungen sind laut der städti- schen Sachgebietsleiterin „städte- baulich vertretbar“. Es sei zudem mit der Unteren Baurechtsbehörde darüber gesprochen worden. Die Befreiungen seien in Aussicht gestellt worden. Ein weiterer Hinweis von Ellinor Hageloch, den sie auch anhand von Bildern verdeutlichte: Der Neubau werde niedriger als der Altbestand.

● Die Diskussion im Bauaus- schuss: Für Ausschussmitglied Christian Killius (IGEL) gab es Gründe für und wider des Bau- vorhabens. Ein verdichtetes Bauen im Innen- bereich und die Dachbegrünung würden contra der Dachform stehen. „Die passt nicht rein, fügt sich nicht in die nähere Umgebung ein.“ Killius bemängelte außerdem, dass der Ab- bruch scheinbar schon geschehen, bevor letztlich genehmigt. Er könne dem Vorhaben nicht zustimmen. Zustimmung erhielt er von Dr. Günter Schmid (IGEL). Es sei eine Nach- verdichtung, aber eine „exponen- tielle“. Er habe zudem Sorge, dass Bewohner an der Straße parken würden.

Anders sah das Ausschussmit- glied Bernhard Schweizer (LAB). Er gab zu bedenken, was zuvor an die- ser Stelle stand – Gewerbe, das mit großen Fahrzeugen angefahren wurde. Dann gab es letztlich keine Nutzung mehr. „Was jetzt geplant ist, ist gerade an dieser Stelle prä- destiniert. Insgesamt handelt es sich nach unserem Dafürhalten für ein stimmiges Konzept“, so Schwei- zer. Es handele sich um modernes Wohnen. Es sei eine Lücke, die aus- gefüllt werden müsse. Mit Blick auf die Argumente des Bürgervereins verwies Bernhard Schweizer da- rauf, dass die Stadt letztlich nicht die Genehmigungsbehörde für das Bauvorhaben ist.

Wohnungen anstelle von Gewer- be: Das sei doch eine bessere Varian- te, war Bürgermeister Klaus Kauf- mann der Meinung. „Die Stadt wächst. Wir sind gefordert, dass wir Wohnraum schaffen.“ Im Außenbe- reich gebe es Probleme, Flächen ver- siegeln zu wollen. Kaufmann könne auch verstehen, dass so manches Bauvorhaben nicht jedermanns Ge- schmack sei. Er bat dahingehend um Gesprächsbereitschaft, denn es gebe viele Facetten und Nuancen. Die Stadt Laichingen sei dahingehend gerade dabei, das Thema „Bauen“ zu definieren – im Bereich der Diskus- sionen um die Stadtentwicklung (sie- he Informationskasten).

● Die Abstimmung: Mit einer Enthaltung und zwei Gegenstimmen befürwortete das Gremium das Bau- vorhaben am Hagsbucher Weg.

„Was jetzt geplant ist, ist gerade an dieser Stelle prädestiniert. Insgesamt handelt es sich nach unserem Dafürhalten für ein stimmiges Konzept.“ – Bernhard Schweizer

 

Offener Brief des Bürgervereins Innenstadtentwicklung Laichingen:

Als Vertretung des Bürgervereins Innenstadtentwicklung Laichingen (BIL) verfassten die Vorsitzenden Adelheid Merkle-Stumpp und Karin Schur-Neugebauer einen offenen Brief zum geplanten Mehrfamilien- haus mit zehn Wohneinheiten und einer Tiefgarage am Hagsbucher Weg. Sie richten sich mit diesem an den Bürgermeister, die Ge- meinderäte und die Mitglieder des Bauausschusses.

Im offenen Brief ist zu lesen: „Bereits in der letzten Bürgerfrage- stunde erkundigten wir uns nach der geplanten Vorgehensweise durch die Stadtverwaltung und den Gemeinderat wegen der Anlieger-Einsprüche und erhielten von der Stadtverwaltung leider nur eine ausweichende Antwort. Seit Wochen steht an dem betreffenden Grundstück ein Bauzaun, der Elektroanschluss, sowie der Baukran sind bereits vorhanden. Das heißt: Die Baustelle ist wohl schon eingerichtet. Und das, bevor der Bauantrag dem Bauausschuss vor- gelegt wurde. Es besteht ein Bebauungsplan, der, sollte der an- stehende Bauantrag genehmigt werden, gleich vier Befreiungen benötigt. Werden diese Befreiungen erteilt, müssen in der Folge ähnliche Befreiungen auch an nach- folgende Bauvorhaben erteilt wer- den.“ Dahingehend gebe es auch Sorgen der Anlieger.

Im Bereich „Grübler“ gebe es bisher kein vergleichbares Gebäude oder Bauvorhaben, auf das man mit Ähnlichkeiten verweisen könnte. „Warum sollen hier wieder massive Ausnahmegenehmigungen trotz bestehender Bebauungspläne erteilt werden, die auf Kosten der ganzen Siedlung gehen?“, fragen die Vorsitzenden. (msc)

Weitere Informationen zum Bür- gerverein Innenstadtentwicklung Laichingen, den Zielen und Po- sitionen gibt es unter:

●» innenstadt-laichingen.de